Stellungnahme des KI Bundesverbandes zur Überarbeitung der Datenstrategie 2021

Berlin, 04.11.2022

Der Bundesverband Künstliche Intelligenz BVKI e.V. begrüßt die bisherige Umsetzung der Datenstrategie. Dennoch, eine Überarbeitung der Datenstrategie ist notwendig, um die formulierten Ziele erreichen zu können. Wir fordern daher, dass bereits formulierte Maßnahmen konkretisiert und priorisiert, Zuständigkeiten und Synergien gebündelt, ein Maßnahmenkatalog zur Bereinigung von Rechtsunsicherheiten erarbeitet und die Datenkommerzialisierung thematisiert werden. Zudem rufen wir die Bundesregierung dazu auf, das Dateninstitut in die Datenstrategie zu integrieren, um eine getrennte Konzipierung zu vermeiden.

1) Was sind Ihre Erwartungen an eine (Weiter-) Entwicklung?

Wir begrüßen die bisherige Umsetzung der Datenstrategie durch die Bundesregierung. Auch wenn in wichtigen Bereichen Fortschritte registriert werden, muss dennoch festgehalten werden, dass die Umsetzung zäher voranschreitet als erwartet. Der Aufbau von Datenlaboren in den Bundesministerien ist beispielsweise unbestreitlich ein Schritt in die richtige Richtung, diese Maßnahme bildet aber letztendlich nur eine Teilmenge einer adäquaten Datenstrategie.

Unsere Erwartungen an eine neue Datenstrategie beziehen sich auf drei Hauptpunkte.

Erstens sind wir überzeugt, dass eine neue Datenstrategie von einer Priorisierung der bereits formulierten Maßnahmen und einer daraus resultierenden Beschleunigung der Umsetzung profitieren kann. Auch neue, innovative Datennutzungskonzepte, beispielsweise Datenmarktplätze oder einen zentralen Datenkatalog für öffentliche Daten, sollten dabei erwogen werden. Wir appellieren zudem an eine Abstimmung der Datenstrategie mit dem Dateninstitut, welches aktuell parallel aufgebaut und zu wenig gemeinsam gedacht wird.

Zweitens erwarten wir, dass eine Kommerzialisierung von Daten diskutiert und konkrete Maßnahmen zur Förderung einer Kommerzialisierung vorgelegt werden. In Daten liegt für Deutschland ein enormes Wertschöpfungspotenzial, insbesondere für das deutsche Startup-Ökosystem.

Drittens bestehen gerade für Startups Rechtsunsicherheiten bezüglich der Datennutzung und -teilung. Wir erhoffen uns von der neuen Strategie daher einen Abbau von Rechtsunsicherheit und eine zentrale Anlaufstelle zur Beratung von Unternehmen oder Forschungseinrichtungen.

II. Wie können wir die Potenziale der Daten („new oil“) besser heben? In welchen Bereichen sehen Sie die größten Potenziale?

2) Wo sehen Sie Hürden beim Datenzugang/ bei der Datennutzung? Wie kann man diese abbauen?

Für innovative Startups ist der Zugang zu Daten von enormer Bedeutung. Nur wenn diese in guter Qualität, d.h. ohne gravierende Verzerrungen und Fehlerquellen, und in ausreichender Menge, vorhanden sind, können qualitative KI-Anwendungen und Produkte entwickelt werden. Doch die Verfügbarkeit von Daten scheitert häufig an einem fehlenden Zugang zu den Datenpools internationaler Großkonzerne und zunehmenden Monopolisierungstendenzen. In Bereichen, in denen Daten jedoch vorhanden sind, scheitert die Anwendbarkeit für KI stattdessen oft daran, dass die Daten nicht miteinander kompatibel sind und ein zentraler Broker fehlt.

Darüber hinaus fehlt es an einem zentralen Katalog öffentlich-verfügbarer Daten, der neue Innovationen, insbesondere auch im öffentlichen Sektor, ermöglicht und Unternehmen das eigenständige und aufwändige Datensammeln ersparen würde. Oft kommt es aufgrund des Mangels an Möglichkeiten zur Datenteilung in Forschung und

Wirtschaft auch zur mehrfachen Erhebung der gleichen Datensätze. Auch hier würde die Verfügbarkeit öffentlicher Datensätze helfen, Ineffizienzen in der Datenerhebung zu vermeiden. Für die Erstellung eines solchen Kataloges bietet sich unserer Ansicht nach das Dateninstitut an.

Nicht zuletzt bestehen für Startups bei der Datennutzung und -zugang weiterhin Rechtsunsicherheiten im Rahmen der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Rechtliche Hürden bestehen aber nicht nur in Bezug auf die DSGVO, auch durch das Onlinezugangsgesetz (OZG) werden Hemmnisse produziert. Wir erwarten daher, dass in den betroffenen Verordnungen (z.B. DSGVO oder OZG) nachjustiert wird.

3) Welche Instrumente oder Maßnahmen würden Ihnen den Datenzugang erleichtern?

Wie in der vorherigen Frage erwähnt, scheitert die Gewährleistung einer Datenverfügbarkeit aktuell beispielsweise an immensen Datenmonopolen, Inkompatibilität der Daten, oder schlicht an einem fehlenden zentralen Marktplatz. Verschärft wird dieses Problem durch die fehlende Bereitschaft etablierter Unternehmen, kooperative Datennutzungsmodelle einzugehen. Wir empfehlen daher eine Schaffung gezielter Anreize, um die Kooperation zwischen Großunternehmen und Startups attraktiver zu gestalten und jenen Datenmonopolen entgegen zu wirken.

Wir sind überzeugt, dass die Vergabe von staatlichen Prämien, die solche Kooperationsmodelle incentivieren, einen guten Startpunkt zur Datenzugangs-Erleichterung darstellen. Als mögliches Konzept stellt sich beispielsweise das Modell der KI-Voucher zur Verfügung.

Auch die Etablierung eines Datenmarktplatzes, um kommerzielle Anreize zur Monetarisierung von Daten zu schaffen, kann eine Vereinfachung des Datenzugangs bedeuten. Hier wäre eine Abstimmung mit dem Dateninstitut wünschenswert, welches eine solche Aufgabe möglicherweise übernehmen könnte.

Außerdem empfehlen wir die Förderung von Open-Data Pools zugunsten von Ausbildung, Forschung und Industrie. In diesen verpflichtenden, einheitlichen und sicheren Open-Data Pools können Daten aus der öffentlichen Verwaltung wie auch der Wirtschaft unkompliziert bereitgestellt werden.

4) Wo sehen Sie konkretes regulatorisches Verbesserungspotential?

Adressierung “Kommerzialisierung von Datennutzung und -teilung”:

Im Bereich kommerzieller Nutzung von Daten, beziehungsweise der Monetarisierung von Daten, besteht aktuell eine gewisser regulatorischer Spielraum, weshalb wir die Etablierung eines Datenmarktplatzes für begrüßenswert halten. Eine Abstimmung mit dem Dateninstitut ist hier zwingend notwendig.

Aktualisierung Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO):

Es bestehen für Unternehmen sowie bei der Regelung zum Datenzugang und deren Verwendung noch zahlreiche Unklarheiten zur Rechtssicherheit bezüglich der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Wir empfehlen daher im Zusammenhang mit der Überarbeitung der Datenstrategie auch eine Prüfung der DSGVO und eine damit verbundene Nachbesserung. Als begrüßenswert halten wir beispielsweise eine Lancierung einer langfristigen staatlichen Beratungsstelle für Startups, an welche jene sich in Fragen im Zusammenhang mit der DSGVO wenden können. Wir sind überzeugt, dass sich mit dieser regulatorischen Nachbesserung das Innovationspotenzial steigern und Rechtsunsicherheiten abbauen.

5) Wo sehen Sie konkretes Verbesserungspotenzial in der Standardisierung?

In Bezug auf Standardisierung sind wir klar der Überzeugung, dass hier nicht nur Verbesserungspotential besteht, sondern auch deutlich nachgezogen werden muss.

Insbesondere erhobene Daten öffentlicher Behörden sind oft nicht miteinandervkompatibel und können daher für eine kombinierte Nutzung nicht verwendet werden.

Aus diesem Grund sind wir überzeugt, dass in einer neuen Datenstrategie Leitlinien für die Datenerhebung und -teilung gesetzt werden müssen, welche dann beispielsweise von einem Dateninstitut weiter spezifiziert und ausgestaltet werden können.

6) Wo sehen Sie konkretes Verbesserungspotenzial in der Interoperabilität?

Insbesondere für die öffentliche Verwaltung besteht im Bereich der Interoperabilität großes Verbesserungspotential, welches mit einer neuen Datenstrategie angegangen werden könnte. Das Onlinezugangsgesetz (OZG) schafft hier nach unserer Beurteilung klare Hemmnisse, durch welche ein Datenaustausch zwischen den Behörden mindestens verkompliziert, wenn nicht gar unmöglich wird. Durch eine solche Verhinderung wird lediglich die Ineffizienz von staatlichen Behörden gefördert, was sich gerade in aktuellen Zeiten von allgemeinem Personal- und Fachkräftemangel als problematisch gestaltet.

Mit einer Nachbesserung relevanter Verordnungen, wie im Falle des OZG, kann die öffentliche Verwaltung kontinuierlich modernisiert und digitalisiert werden und eine Verwaltungseffizienz gefördert werden.

III. Was müssen wir dafür tun?

7) Welche neuen Ideen/ Ideen aus anderen EU-Staaten würden Sie gerne mit

Daten umsetzen und was hält Sie bisher davon ab/ was müsste sich ändern, damit Sie das angehen können?

Basierend auf einem Workshop mit Verbandsmitgliedern möchten wir gerne einen spezifischen Use Cases einbringen und notwendige Änderungen in einer neuen Datenstrategie herausstreichen.

Beispiel: Teilung und Nutzung von sensiblen Daten

Möchten Startups oder Forschungseinrichtungen Studien durchführen, für welche sie Daten aus dem Gesundheitsbereich benötigen, muss mit allen involvierten Kliniken einzeln verhandelt werden. Dies erschwert einerseits die Arbeit der

Studiendurchführung ungemein, andererseits sind Daten auch häufig in nur unterschiedlichem Maße verfügbar (individuelle Ethik-Kommissionen, differenzierte Datenerhebung, etc.). In Großbritannien wird diese Arbeit durch die National Health Services (NHS) übernommen. So können Daten zentral gesammelt und vereinheitlicht werden.

Das Beispiel der NHS steht exemplarisch für eine Reihe solcher Use Cases. Wir sind der festen Überzeugung, dass das Wertschöpfungspotenzial nur realisiert werden kann, wenn Daten vereinheitlicht und zentral verfügbar gemacht werden. Gerade für die Verfügbarmachung von sensiblen Daten, wie beispielsweise aus dem Gesundheitssektor, bieten sich naheliegend staatliche Behörden an. Auch hier wäre eine Zusammenarbeit mit dem Dateninstitut wünschenswert.

8) Welche Schwerpunkte sollte die Datenstrategie 2022 aufnehmen?

Die Schwerpunkte einer neuen Datenstrategie 2022 sind für uns klar:

Erstens müssen die bereits formulierten Maßnahmen aus der Datenstrategie von 2021 dringend konkretisiert und priorisiert werden.

Zweitens appellieren wir, dass Zuständigkeiten geklärt und Synergien gebündelt werden. Die getrennte Konzipierung eines Dateninstituts und die Überarbeitung der Datenstrategie führen zu einer doppelten Diskussion und ignorieren die zahlreichen Überschneidungen. Wir rufen daher die Bundesministerien dazu auf, in solchen Prozessen effizienter zusammenzuarbeiten. Aus diesem Grund sollten die Aufgaben eines Dateninstituts in eine neue Datenstrategie mit einfließen.

Drittens, ist ein Maßnahmenkatalog zur Bereinigung von Rechtsunsicherheiten im Zusammenhang mit der Datennutzung, aber auch -Teilung insbesondere für Startups empfehlenswert. Aktuell herrschende Hemmnisse und Unsicherheiten in Bezug auf die DSGVO müssen abgebaut werden und eine zentrale Beratungsstelle für Startups geschaffen werden.

Viertens, erwarten wir die Thematisierung der Datenkommerzialisierung. Kann mit einer neuen Datenstrategie der Grundstein für einen Datenmarktplatz geschaffen werden, so sind wir überzeugt, dass ein solcher ein signifikantes Wertschöpfungspotenzial für Deutschland bietet.